Wir müssen den Mut aufbringen, hinzuschauen

Seit mehr als einem halben Jahrzehnt öffnen wir alljährlich im Herbst unsere Türen und Herzen für jene außergewöhnlichen Menschen, deren unermüdlicher Einsatz für eine bessere Welt uns mit tiefer Bewunderung erfüllt. Ihr Mut, ihre Standhaftigkeit und ihr unablässiger Kampf für die Gerechtigkeit haben uns dazu inspiriert, das Festival in diesem Jahr unter das Motto „The Good Fight“ zu stellen. Mit 42 international ausgezeichneten Filmen und einem vielfältigen Rahmenprogramm, das Talks, Masterclasses und Workshops umfasst, möchten wir Sie inspirieren und Ihnen einen vertiefenden Einblick in Themen geben, die allzu oft in der überwältigenden Flut täglicher Nachrichten untergehen. Unser Wunsch ist es, dass die hier vorgestellten Filme und Diskussionen eine Oase der Reflexion, des Lernens und des Handelns inmitten des oft stürmischen Alltags bilden.

Film ist mehr als Unterhaltung; er ist ein Funke, der Veränderung entzündet und uns dazu inspiriert, mutig für das Gute zu kämpfen.
Festivaldirektorin Anna Ramskogler-Witt
Anna Ramskogler-Witt, Direktorin des Human Rights Film Festival Berlin

Einen besonderen Fokus legen wir in diesem Jahr auf den Kampf indigener Aktivist*innen. Trotz Landraub, versuchter Auslöschung ihrer kulturellen Identität, Massenmorden und Genoziden haben sie ihre Stimmen nie verloren. Sie kämpfen weiterhin unermüdlich für ihre Rechte und die Anerkennung geschehenen Unrechts. Ihre Geschichten sind eine dringende Erinnerung daran, dass unser Kampf für Menschenrechte niemals aufhören darf – und wir der Welt gegenüber Verantwortung tragen. Zu dieser Verantwortung gehört es auch, hinzuschauen, wenn Unrecht passiert, laut zu sein und solidarisch mit denjenigen, die in weniger sicheren Ländern leben als wir.

Gleichzeitig habe ich manchmal das Gefühl, wir haben vergessen, was Krieg tatsächlich bedeutet. Krieg ist grausam, schmerzhaft und zerstörerisch. Bilder des Krieges sind oft kaum auszuhalten – deshalb schauen wir weg, verdrängen, ignorieren. Unser diesjähriger Eröffnungsfilm „20 Days in Mariupol“ schaut hin und zeigt einen ungeschönten Blick auf das wahre Gesicht des Krieges. Mstyslav Chernovs Kamera flieht nicht vor der brutalen Realität, sondern fängt sie für uns ein – in Bildern, die fast unerträglich sind. Wenn die Menschen diese Realität überleben können, können wir zumindest den Mut aufbringen, hinzusehen.

Gemeinsam mit meinen Teammitgliedern und unseren Kooperationspartnern möchte ich Sie herzlich einladen, sich auf diese spannende Reise zu begeben und sich von den erzählten Geschichten sowie dem unerschütterlichen Willen der Protagonist*innen und Aktivist*innen inspirieren zu lassen.

Anna Ramskogler-Witt, Direktorin des Human Rights Film Festival Berlin 

1. SEPTEMBER 2023