In der Auseinandersetzung mit den drängenden Problemen des Klimawandels wird das Wissen indigener Gemeinschaften oft vernachlässigt – dabei könnte es zur Lösung beitragen.
Seit Jahrhunderten pflegen indigene Völker eine tiefe Verbundenheit mit Ihrer Umwelt sowie eine Lebensweise, die die Erde nicht als Verwaltungsraum betrachtet und eine starke identitäre Bedeutung hat. Valérie Courtois, Geschäftsführerin der kanadischen Organisation Indigenous Leadership Initiative, fasst das Ethos treffend zusammen: „Wenn wir uns um das Land kümmern, kümmert sich das Land um uns.“ Als Eckpfeiler des indigenen Lebens untermauert diese Philosophie die Praktiken, die die Gemeinschaften inmitten sich verändernder Landschaften aufrechterhalten.
Das Human Rights Film Festival Berlin hat zusammen mit dem Euroclima-Programm dazu aufgerufen, dass Filmemacher*innen indigene Perspektiven zum Klimawandel erkunden und Themen wie den Schutz der Biodiversität im Amazonasgebiet beleuchten. Ziel ist es, die Relevanz einer reflexiven Auseinandersetzung mit indigenem Wissen zu betonen und die Anerkennung und Beachtung indigener Erkenntnisse zu fördern. Die ausgewählten Filme thematisieren das komplizierte Zusammenspiel von Klimawandel, Demokratie, Umwelt und sozialer Gleichheit. Über den filmischen Teil hinaus ermöglicht das Festival in Kooperation mit Euroclima und unterstützt von der GIZ eine Diskussionsrunde, die indigene Stimmen aus Lateinamerika mit Entscheidungsträger*innen aus Deutschland und Europa zusammenbringt. Euroclima ist ein Programm, das von der Europäischen Union und der deutschen Bundesregierung über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kofinanziert und von der GIZ mit umgesetzt wird.
Das Diskussionsforum „Positive future scenarios: bioeconomy and sustainable development in the Amazon region“ dient als Plattform und Förderung des interdisziplinären Dialogs und Wissensaustauschs. Primär soll das Forum unterschiedliche Perspektiven, insbesondere die der indigenen Völker, mit Expert*innen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringen, um das transformative Potenzial der Bioökonomie gemeinsam zu adressieren. Dieser Ansatz ist entscheidend für die Förderung einer nachhaltigen Transformation, die einen gerechten und ökologisch verantwortlichen wirtschaftlichen Wandel erfordert, der nur durch die Bewältigung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Herausforderungen erreicht werden kann. Ziel ist es, die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen zu beenden – hin zu einem zirkulären, regenerativen Modell, das im Einklang mit den Grenzen der Erde steht. Um die Vision einer Bioökonomie zu verwirklichen, müssen Regierungen, die Privatwirtschaft, Expert*innen und die Zivilgesellschaft zusammenarbeiten.
Die Teilnahme von BMZ-Vertreter*innen, Expert*innen der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Union und lateinamerikanischen Initiativen wird wichtige Einblicke geben. Im Mittelpunkt stehen die internationale Zusammenarbeit, die Politikgestaltung und die Förderung eines integrativen Dialogs für eine globale nachhaltige Entwicklung, insbesondere in der Amazonasregion.Indigenes Wissen rückt als unverzichtbarer Wert in den Fokus, um den Dialog durch Perspektiven zu bereichern, von denen politische Akteur*innen und die Zivilgesellschaft lernen können, um ihre Maßnahmen zum Klimawandel anzupassen. Bernhard Zymla, GIZ-Koordinator für das Programm EUROCLIMA+, wird das als zentrale Aufgabe adressieren. Aber auch die Menschen in den betroffenen Regionen kommen beim Round Table zu Wort.
In Zeiten wütender Waldbrände und andauernder Dürren, in denen sich Gemeinschaften auf das Unvorhersehbare einstellen müssen, wird der Wert indigenen Wissens immer deutlicher. Das Human Rights Film Festival Berlin will dazu beitragen, indigenen Stimmen im Klimadiskurs und in der Politik mehr Gehör zu verschaffen. Denn in einer Welt, die sich auf unbekanntem Terrain bewegt, können die Lösungen für unsere dringendsten Herausforderungen in den Wurzeln der Tradition und im Land selbst liegen. Von indigenen Völkern zu lernen und sie einzubeziehen, ist daher nicht nur eine Option, sondern ein Gebot der Stunde.